Gleim-Oase

Kunstwerk und Stadtnatur

Über uns

Patenschaft 2010 – 2020, Dunja Berndt und Holger Eckert

Da das Grünflächenamt wenig Budget für die Pflege dieser Anlage hatte, wurden die Kiezläufer angefragt, ob sie einen Rückschnitt der Sträucher vornehmen könnten. Wir waren damals auch dort tätig, entdeckten beim Freischneiden die Skulpturen und sahen das Potential der Insel. Im Herbst 2010 stellten wir bei einer Begehung mit Fachämtern unser Konzept vor und übernahmen die Patenschaft. Die Pflege gestalteten wir nachhaltig und
insektenfreundlich. Temporär wurden wir von der Nachbarschaft unterstützt. Insbesondere beim Gießen war das sehr wertvoll. Wir boten Führungen zu den Themen Stadtnatur und Geschichte an,
beteiligten uns an den Sprach- und Lesewochen und luden zu Brunches und Pflanzentauschbörsen ein. Wir betrieben Infostände, z.B. auf Kiezfesten und auf dem Umweltfestival am Brandenburger Tor. Darüber hinaus waren wir an der Umsetzung der großen Wanderausstellung „Die Gleim-Oase. Kunstwerk und Stadtnatur“, ausgerichtet vom Umweltladen Mitte, beteiligt.

Eine liebe Tradition wurde auch die Saisonale Dekoration der Insel, z.B. mit Wollwicklungen oder einer Klanginstallation.
Mit der Kolumne „Inselflüstern“ im brunnen-Magazin gaben wir der Oase eine Stimme.

Im Herbst 2019 zogen wir uns etwas zurück, weil wir u.a. die zunehmende Vermüllung nicht mehr bewältigen konnten. Auch gesundheitliche Probleme spielten eine Rolle. Aber im Hintergrund waren wir bis vor Kurzem noch 
aktiv und führten zahlreiche Gespräche wie es weitergehen könnte. Holger Eckert ist kürzlich verstorben. Die Patenschaft wurde beendet.
Wer dieses Kleinod pflegen möchte kann sich an Bettina Walther vom Projekt „BrunnenGärten“ wenden: walther@gruppef.com. Chronologie: facebook.com/gleim.oase

Kultur, Bildung, Nachbarschaft

Zum Thema Stadtnatur und Geschichte hat die Gleim-Oase mit ihrer erstaunlichen Vielfältigkeit einiges zu bieten. Auf kleinstem Raum mitten auf der Straße ist sie ein gutes Beispiel dafür, dass Stadtgärtnern auch dort möglich ist und es immer wieder vieles zu entdecken gibt. Gleichzeitig ist sie selbst ein Kleinod, ein Relikt aus den Zeiten des kalten Kriegs und der Teilung Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg. Sie hat also auch zu diesem Thema viel zu erzählen und.Gemixte Thematiken gehen natürlich auch!Ganz stolz sind wir, dass es Führungen für die BUND Jugend, für die Bundeszentrale für politische Bildung, für Kulturhistoriker, für internationale Besucher… gab. So viel Interesse für eine Verkehrsinsel ist ungewöhnlich – das zeigt jedoch auch, dass sie selbst ungewöhnlich ist. Seit 2011 bieten wir auf der Insel im Rahmen der Weddinger Sprach- und Lesewoche und auch im Rahmender bundesweiten Lesewoche ein Programm an. Das geht über das gemeinsame Vorlesen, ortsbezogene Themenauswahl u.v.m. Ein Highlight war das Einsingen und Abspielen von umgeschriebenen Liedern und einem eigenen Song zum Thema Gleim-Oase, ihrer Geschichte und unserer Arbeit mit ihr im Jahre 2015 zum 30 jährigen Bestehen der Insel.

Seit 2011 organisieren wir Mitbringbrunches auf der Insel. Anfangs wurden wir von Kiezläufern unterstützt.In den Folgejahren haben wir gemeinsam mit dem Brunnenviertel e.V. und mit dem BrunnenGärten-Projekt(gruppe F) Mitbringbrunches und Pflanzentauschbörsen organisiert.Zwischenzeitlich waren bei den Brunches bis zu 80 Gäste auf der Insel! Ein bunter Mix aus Anwohnern und neuen Gesichtern. Zu den Pflanzentauschbörsen kommen in der Regel Mitbürger, die selbst gärtnern (auch auf dem Balkon) und Pflänzchen übrig haben und/oder an neuen grünen Freunden interessiert sind. Bislang haben alle Pflänzchen ein neues Zuhause gefunden. Auch für die Oase waren immer wieder willkommene Spenden dabei. Ein Highlight und Familienmagnet war das gemeinsame basteln von „Mini-Schubis“: Kleine Schubkarren aus Papier, die mit einem Seedball bestückt werden konnten. 

Stadtnatur

Auf dem ca. 550 Quadratmeter großen Areal sind viele unterschiedliche Arten von Groß- undKleingehölzen u.v.m. zu sehen. Von der ursprünglichen Bepflanzung sind lediglich die Pfaffenhütchenund ein einzelner Rhododendronstrauch geblieben. Über die Jahre haben sich Efeu, Vogelbeere,Ahorn und diverse Gräser angesiedelt. Den Pfaffenhütchen und dem Efeu mussten wir am Anfangeinen radikalen Kurzschnitt verpassen, weil sie alles überwucherten.Mittlerweile sind die grünen Freunde schön nachgewachsen und brauchen nur noch in Form gehaltenwerden. Die Ahornbäume sind willkommene Schattenspender.Wir gärtnern behutsam und nachhaltig. Das heißt, dass wir den vorgefundenen Bestand pflegen,partiell Neues anpflanzen, Wildkräutern ihren Raum lassen und immer wieder gespannt sind was einfach so kommt.Beispiele sind Stockrosen, Malve und Rauke.Sehr schön ist auch der Bestand an verschiedenen Moosarten.Bei Neuanpflanzungen/Aussaaten achten wir auf insektenfreundliche und naturbelassene Sorten.Es wird nichts verschwendet: Zwei versteckte Komposthaufen werden mit zerkleinertem Schnittmaterialversorgt, welches langsam verrottet und genutzt werden kann.Wir sammeln Regenwurmkot (wertvoller Mutterboden!) aus den Ritzen der Palisaden und geben ihn in die Beete.Interessant sind die Beobachtungen von Insekten. Beispielsweise tummeln sich mehrere Hummelartenin den Beeten und Sträuchern. Sie kommunizieren mit ihren Beinchen!Auch eine Schmetterlingshochzeit mit Paarung aus nächste Nähe zu erleben ist spannend.Eine Herausforderung ist gerade in trockenen Sommern die Bewässerung, weil die Straßenpumpennicht wirklich gleich nebenan stehen. Einen Wasseranschluss auf der Insel gibt es nicht. 

Skulpturen & Deko

Auffällig viele Metallskulpturen sind auf der Insel anzutreffen: In Form von sitzenden Menschen,Vogelgruppen und einer offenen Tormauer laden sie zum Verweilen ein. Das Gitterrost-Material, mehr bekannt als Kellerfenstersicherung oder im Industriebereich in Form von Treppen, wurde bewusst von dem Künstler- und Architektenpaar Carlini verwendet. Es soll die Verbundenheit vonMensch, Natur und Technik versinnbildlichen. Je nach Blickwinkel sind sie transparent, lamellig oder formfüllend. Aufgesockelt sollen sie an die Tradition der Aufstellung von Statuen in öffentlichen Parkanlagen erinnern,gleichzeitig Rankhilfen sein. In Anlehnung an diese Intention und als Würdigung des Ortes hatten wir saisonale Dekorationen mit Wollwicklungen an partiellen Stellen der Skulpturen und den Sträuchern, mit bemalten Steinen, einer Klangistallation aus Alltagsgegenständen u.v.m. Spannend waren auch immer die gemeinsamen Gestaltungen mit Kindern und wie sie die Oase erleben. Geplant waren Mosaikgestaltungen an den Palisaden und an den Skulpturen. Von den Skulpturen hatten wir abgesehen als wir von dem o.g. Konzept erfahren hatten. Die Transparenz und der Gesamteindruck wäre verlorengegangen. Außerdem hätten wir das Urheberrecht verletzt. Im Jahre 2013 kam die Info, dass die Oase wohlmöglich wegen einer neuen Verkehrsführung weichen müsste. Wir hatten daher Plan B entwickelt und nur das Hochbeet geschmückt. Jedoch nicht mit Mosaik sondern mit Bemalung. Entgegen der Vorstellung, dass Schablonen verwendet wurden, ist jede Form individuell aufgemalt. 

Ursprüngliche Gestaltung 1986

Ein Stückchen West-Berlin

Die große Verkehrsinsel an der Kreuzung Gleim- /Graunstraße in Berlin ist ein Relikt des „Kalten Krieges“. Sie wurde 1985 fertiggetstellt und befand sich in direkter Nähe zur Berliner Mauer. Der Name Gleim-Oase stammt von uns und wurde über die Jahre sogar von offiziellen Stellen übernommen. Rückblende: In den 1960er bis 1980er Jahren wurde das Stadtgebiet, welches wir heute als Brunnenviertel kennen,neu gestaltet. Es war das größte innerstädtische Sanierungsgebiet Europas. Die Berliner Mauer und somit der direkte Bezug zur Teilung in „Ost“ und „West“ war allgegenwärtig. Die Wohnungsgesellschaft degewo hatte damals initiiert, den westlichen Sackgassenteil derGleimstraße zu einem Fußgänger- und Aufenthaltsbereich zu gestalten und beauftrage den Garten-und Landschaftsarchitekten Bernd Vogel und das Archiktekten- und Künstlerpaar Alessandro und ErdmuteCarlini, eine Wohlfühlinsel zu bauen. Mit einer geschwungenen Wegführung, Rundbänken,zwei Schachtischensembles und Metallskulpturen sollte sie zum Verweilen einladen.Pflanzlich umrahmt mit zahlreichen Rhododendren, Pfaffenhütchen und Frauenmantel. Da der Gleimtunnel gesperrt und kein Passierort gewesen ist war es sehr ruhig und insbesondere die Bewohnerdes angrenzenden Seniorendomizils hatten einen Minipark quasi vor der Tür. Nach dem Fall der Mauer und der Öffnung des Gleimtunnels für den KFZ Verkehr veränderte sich dieSituation für die Insel. Sie wurde nicht mehr gepflegt, die Rhodedendren verschwanden. Das Areal wucherte zu, vermüllte und wurdevon Anwohnern gemieden. Es gab sogar Bestrebungen, die Insel abzureißen, aber das wollte der Bezirk Mittenicht finanzieren. Bestrebungen von uns und von renommierten Kulturhistorikern, die Gleim-Oase unter Denkmalschutz stellen zu lassen,sind bislang gescheitert.